Wie jeden Tag scheint auch heute die Sonne munter am Himmel, als wir das erste Mal auf die Tore des Etosha Nationalparks zufahren. Am Abend zuvor hatten wir die Sonne als leuchtend roten Feuerball über dem Buschwerk untergehen sehen. Das bildet einen starken Kontrast zu der hellen Erde, die immer heller wurde, fast weiß, je näher wir dem Park kamen.
Das liegt an dem hohen Salzanteil der Erde in der Nähe des Etosha Nationalparks mit der 130 km langen und 50 km breiten Salzpfanne. Dass die Wildtiere hier oben im Norden an Menschen gewöhnt sind, wird uns schon klar, als über unseren Campingplatz ein Kudu Männchen gemütlich entlang spaziert und sich nicht aus der Fassung bringen lässt. Sogar Giraffen haben wir schon gesichtet. Sie beobachten uns neugierig, als wir mit dem Auto vorbei fahren. Die ersten Giraffen! Das kann nur gut werden! Und das wurde es auch.
Vom Süden Namibias fahren wir in den Etosha Nationalpark mittig ein, somit gibt es eine westliche und eine östlich Hälfte des Parks. Wir fahren durch den östlichen Teil. Dieser hat drei Hauptcamps. In dem Mittleren, dem Halali Camp, werden wir die nächsten zwei Nächte übernachten.

Unser erster Stopp ist das Ombika Wasserloch. Viele Tiere die wir bisher nur aus der Ferne von Krumhuk kannten, sehen wir hier nahe am Auto vorbei schreiten, hüpfen und traben. Kudus, Springböcke, Gnus, Oryxe, Schakale und auch Strausse. Wir folgen den Spuren der Elefanten, die klar zu erkennen sind. Schon nach kurzer Zeit sehen wir die Elefanten auf der linken Seite im dichteren, noch laubigen Gebüsch. Sie fächeln sich mit ihren grossen Ohren stetig frische Luft zu und immer wieder werfen sie Sand über ihren Rücken. Ein kleines Elefantenbaby liegt zwischen den Bäumen. Es ist wirklich ein anmutiger Anblick diese großen, grauen Tiere. Weise kommen sie uns vor. Sobald es weiter geht wird das Elefantenkind von einer Mutterkuh mit dem Fuß hochgezogen.

Unser nächster Halt ist das Okaukujeo Camp. Dort müssen wir unseren Parkeintritt bezahlen. Anschliessend geht die Strasse als Schotterpiste weiter. Der Untergrund ist übersät von Huckeln und Wellen und es ist rutschig zu fahren. Zuerst fahre ich langsam um dem Auto nicht zu schaden, doch das auf,- und ab war fast nicht zu ertragen in diesem Tempo. Man musste schneller fahren, damit man auf den Spitzen der Wellen fährt. An der nächsten Abbiegung geht es zu einem „Pan Outlook“, dort kann man auf die Weite der Etosha Salzpfanne gucken, die heutzutage aus getrocknetem Lehm und Salz besteht. Vor 100 Millionen Jahren ist diese Ebene entstanden und wurde von verschiedenen Zuflüssen gespeist. Es wird auch vermutet, dass der Kunene River vor 16.000 Jahren einst seinen Weg durch die Etosha Ebene genommen hat. Durch die Erdplatten Verschiebung änderte sich der Verlauf des Flusses und der See trocknete aus und wurde zur Salzpfanne. In der Sprache der Ovambo heisst Etosha: „Großer, weißer Ort“. Die Weite ist beeindruckend, man sieht nichts als Horizont und dem verkrusteten Boden. Interessanterweise sieht die Salzpfanne oft fast schwarz aus wenn man in die Ferne guckt, obwohl sie von Nahem natürlich weiss ist. Ein Geheimnis, dass uns noch verschlossen bleibt.
Weiter am Nebroni Wasserloch können wir einen alten Elefanten sehen. Wir spüren, dass er seinen Raum braucht und fahren nicht all zu nahe an ihn heran. Gleich darauf entdecken auch andere Touristen den Elefanten und auch Gamedrive Fahrer und schon bald stehen einige Autos nahe bei ihm. Wir können beobachten, dass der Elefant immer dann, wenn er seinen Rüssel nicht benutzt, ihn über seinen Stoßzahn legt. So schleift er nicht auf dem Boden, wenn er ihn locker lässt.

Der Tag neigt sich langsam dem Ende zu und wir wollen pünktlich zum Camp um noch vor dem Sonnenuntergang das Zelt aufbauen zu können. Noch ist es eine Strecke zu fahren und wir kommen an der Rietfontein vorbei, ein Wasserloch, dass aussieht wie eine kleine grüne Oase. Drei Elefanten plantschen gemütlich im Wasser, eine große Zebraherde sehen wir in der Ferne. Gemütlich schreiten ein paar Giraffen mit ihren Kindern zum Wasserloch und beginnen ihre Trinkposition einzunehmen. Die einen machen mit ihren Vorderbeinen eine Art „V“, andere wiederum knicken die Beine dabei noch ein. Immer wieder gucken sie nervös zu uns herüber. Es scheint eine Position zu sein, in der sie besonders angreifbar sind.

Als die ersten Autos schon weg sind und auch wir gerade aufbrechen wollen, entdecken wir Löwen! Gemütlich liegen sie beieinander und zwei Löwenkinder tollen herum. Das Männchen reisst gähnend sein Maul auf. Auch drei Löwinnen liegen bei ihnen.
Müde und voll mit Eindrücken begeben wir uns auf den Weg zum Camp. Doch das tollste Tier sollten wir noch entdecken. Denn plötzlich ruft Verena: „da steht ein Dikdik!“ Und wirklich: auf der rechten Seite steht ein winzig kleines Tier mit vertrauensvollen großen Augen, plüschigen, riesigen Ohren und einem lieblichen Gesicht. Dickdik’s ernähren sich gerne von nährstoffreicher Nahrung. Als es einmal aufguckt blickt es uns mit einer Blume im Fell an.

Kurz bevor es dunkel wird kommen wir dann im Camp an,bauen schnell unser Zelt auf und kochen. Danach führt uns unser Weg noch zum Wasserloch im Camp selbst. Dort sitzt man etwas erhöht unter einem Pavillon aus Holz und schaut auf das Wasserloch hinunter. Nachdem es erst ruhig ist und wir fast schon gehen wollen, sehen wir, wie sich aus dem dunklen Gebüsch plötzliche eine große Gestalt schemenhaft abzeichnet. Wir können unseren Augen kaum trauen, als ein Elefant nach dem Anderen aus der Dunkelheit auftaucht. Sie sammeln sich alle am Wasserloch, friedlich und ruhig. Am Ende zählen wir dreissig Elefanten. Unter den großen Riesen sind auch viele kleine Elefantenkinder auszumachen. Es fühlt sich an wie ein Traum. Im Gebüsch hört man es immer wieder schnauben. Und nach einer Weile kommen auch Nashörner aus dem Gebüsch hervor. Sie kommen zum Wasserloch und die Elefanten ziehen sich langsam wieder zurück. Es ist Zeit zu ruhen, auch für uns.
Am nächsten Tag geht es für uns zu einem Etosha Outlook. Dieses reicht wie ein langer Steg in die Salzpfanne hinein und dort bleiben wir einige Stunden. Wir geniessen die Stille und die Weite. Die Salzpfanne liegt gleissend hell im Sonnenlicht da. Es ist ein starker Kontrast zu der Farbe des Himmels. Man könnte meinen, da hinten am Horizont, läge das Ende der Welt.
Als wir späten Nachmittag zum Camp zurück fahren, sehen wir eine ganze Elefantenherde mit vielen Babyelefanten, die sich, wie ihre Eltern, die Äste der Büsche abbrechen und in das Maul schieben. Weiter hinten im Busch entdecken wir eine Giraffe mit einem winzigem Giraffenbaby, ungefähr so gross wie wir (zumindest sah es so aus der Ferne aus). Das Fell des Babys ist noch viel heller als das seiner Mutter. Zurück am Wasserloch des Camps, erscheinen fast zur selben Zeit wie am Vortag die Elefanten. Wir fragen uns, ob die Tiere bestimmte Zeiten haben, an denen sie das Wasserloch frequentieren. Wie wir später noch lernen, ist es nämlich so, dass Löwen zum Beispiel in den frühen Morgen,- und späten Nachmittagsstunden das Wasserloch besuchen. Diesmal verdrängen die Elefanten die Nashörner, die nur ungern ihren Platz am Wasserloch aufgeben. Immer wieder fauchen sie und die Elefanten weichen wieder zurück. Oft können wir fast menschliche Charakterzüge an den Elefanten erkennen. Heute sind es fast fünfzig Elefanten! Sie sind unruhiger als am Tag zuvor, manche kämpfen und ringen, wobei sie ihre Köpfe zusammen stossen und sich versuchen wegzuschieben. Anderer verschlingen liebevoll ihre Rüssel miteinander. Ein Elefant gerät wegen umherschleichenden Schakalen oder Hyänen (wir haben es nicht genau erkennen können), deren rote Augen in der Dunkelheit blitzen, ganz außer sich. Er rennt trötend dem Tier durch den Busch hinterher. Ungefähr fünf Minuten hört man ihn hin,- und her rennen und wir sind erstaunt von der Strecke, die er in so kurzer Zeit hinter sich legt. Wenn Elefanten in Aufruhr geraten oder Gefahr wittern, dann schütteln sie ihre großen Ohren wild hin,-und her und trompeten laut. Wir beobachten, dass sich die großen Elefanten sofort schützend um die Kleineren der Herde stellen, sobald Unruhe ausbricht. Später lesen wir nach, dass die Jungtiere besonders innig geliebt und geschützt werden von der Herde.
Am dritten Tag müssen wir den Park schon um 14 Uhr verlassen, deshalb fahren wir früh los in Richtung Etosha Outlook, denn noch einmal möchten wir die Stille der Salzpfanne geniessen. Später entdecken wir ein idyllisch gelegenes Wasserloch, an dem sich die Tiere nur so tummeln: Kudus, Gnus, Springböcke, Oryxe und Impalas. Dahinter erstreckt sich die Salzpfanne. Es ist ein wunderschönes Bild. Auf unserem Weg begegnen wir außerdem noch einem großen Elefantenbulle. Er steht ganz nah an der Straße, so nah, dass wir ihn streicheln könnten. Doch das tun wir natürlich nicht. Die Landschaft hat sich geändert, jetzt sind kaum noch Sträucher und Bäume zu sehen, sondern eine weite Ebene mit Gräsern und Heide. Dort liegen grosse Gnu - Herden, Zebras weiden und vereinzelt sehen wir Springböcke. Immer wieder kann man in der Ferne Strausse erahnen.
Wir verlassen das Camp um die Mittagszeit und sind froh, nach diesen erlebnisreichen und beeindruckenden Tagen im nächsten Camp etwas zur Ruhe zu kommen. Denn am nächsten Tag fahren wir wieder in den Park rein und sogar einmal durch. Später denken wir uns, dass das ein bisschen verrückt war. Wir fahren viele Wasserlöcher ab, in der Hoffnung, noch einmal Löwen zu sehen. Doch wir haben kein Erfolg. Was wie stattdessen sehen ist eine Hyäne, die unter einem Baum liegt. Als sie sich einmal zu uns dreht wird mir wieder bewusst, dass ich diesem Tier lieber nicht alleine in freier Wildbahn über den Weg laufen möchte.
So gehen die ersten Tage unserer Selbstfahrer - Tour zu Ende und wir machen uns auf in Richtung Süden. Es soll nicht weniger abenteuerlich bleiben…
